Guten Morgen Manu
Ich bin‘s Miro. Ich wollte dir kurz (oder lang) von meinem gestrigen Tag berichten. Etwa um halb drei Uhr Nachmittags – ich lag gerade auf dem Bett im Schlafzimmer meiner Pflegeltern und wollte schlafen – da klingelte es an der Tür. Ein Mann und eine Frau kamen herein und blieben mit genügend Abstand vor dem Bett stehen, so dass ich gar keine Angst vor ihnen hatte. Meine Pflegeeltern und die beiden Fremdlinge redeten miteinander. Mein Pflegemami nannte den fremden Mann „Mike“ und die Frau „Sandra“. Die beiden schienen ganz nett zu sein. Sie strahlten jedenfalls immer über beide Ohren, wenn sie mich ansahen.
Dann kam dieser Mike langsam auf mich zu. Er kniete sich vor das Bett und streichelte mein Gesicht und kraulte mein linkes Ohr. Das war toll! Ich konnte gar nicht genug davon bekommen. Meine Pflegemami sagte dann zu Mike und Sandra, dass sie sehr erstaunt sei, dass ich nicht fauchen würde, bis jetzt hätte ich das nämlich immer gemacht, wenn jemand zu mir kam, den ich nicht kenne. Nachher kniete sich Sandra zu mir hin. Auch sie streichelte mich ganz lieb und ich fauchte auch sie nicht an.
Irgendwann verliessen alle Menschen das Schlafzimmer, gingen ins Wohnzimmer und redeten dort noch eine Weile. Plötzlich kam mein Pflegepapi mit einer Transportbox ins Schlafzimmer. Mit solchen Boxen hatte ich ja bisher keine guten Erfahrungen gemacht, also versuchte ich zu flüchten. Ich fauchte meinen Pflegepapi sogar an und kratze ihn am Arm, aber schlussendlich hatte ich keine Wahl und landete verängstigt in der Kiste. Mike trug mich in der Box nach draussen und schnallte die Box auf dem Rücksitz von Sandras Auto an. Er setzte sich zum Glück neben mich auf den Rücksitz und redete beruhigend auf mich ein, während Sandra das Auto in unbekannte Richtung fuhr.
In ihrem Haus liessen sie mich noch kurz in der Box, während Mike den Katzensand, den er von meiner Pflegemami mitgenommen hatte, in mein neues Katzenklo streute. Er wollte, dass ich wenigstens einen bekannten Geruch um mich hatte. Dann stellten sie noch etwas Essen parat und öffneten die Box im Badezimmer. Ich wollte schnell aus der Box raus,versteckte mich aber gleich hinter der Badewanne. Sandra setzte sich neben mich. Sie streichelte mich und beruhigte mich mit sanfter Stimme. Dann liessen mich die beiden für eine halbe Stunde alleine im Badezimmer, damit ich den Schock erst mal in aller Ruhe verarbeiten konnte. Ich erkundete das grosse Badezimmer, ass von dem leckeren Nassfutter, das mir Mike hingestellt hatte und trank etwas Wasser. Das Katzenklo hab ich natürlich auch gleich eingeweiht und so richtig viel hinein gepullert und schön alles verscharrt, damit es nicht gross auffällt.
Mike kam später alleine ins Badezimmer. Ich hatte mich unterdessen in der Dusche versteckt. Mann, der Typ hat trotz meiner Bemühungen gemerkt das ich im Katzenklo war und wieder alles sauber gemacht. Danach setzte er sich zu mir in die Dusche und streichelte mich eine Weile. Das wurde mir dann aber doch etwas zu viel und ich verliess die Dusche. Er stand ebenfalls auf und so standen wir beide einfach mal mitten im Badezimmer herum. Ich wusste nicht so ganz was das soll, und da Mike anscheinend auch nichts besseres zu tun hatte, entschloss ich mich ihm um die Beine zu streichen und so zu zeigen, dass er mich wieder streicheln sollte. Er setzte sich erneut neben mich auf den Boden und ich legte mich neben sein ausgestrecktes Bein. Ich drückte mich ganz fest an ihn heran und er streichelte dafür meinen Bauch. Das war echt super! Ich habe mich gestreckt, mich gedreht, hin und her gewälzt, meinen Kopf auf sein Bein gelegt und er hat mich wieder am Ohr gekrault. Mike flüsterte zu mir: „Mist, natürlich habe ich mein Handy unten gelassen und kann kein Foto von uns zwei Kumpels machen – das glaubt uns doch kein Mensch!“
Irgendwann stand ich auf, und ass das restliche Nassfutter auf. Mike ging nach draussen, um Nachschub zu holen. Als er zurück kam, war ich aber schon wieder in der Dusche. Er liess mich in Ruhe und verschwand nach unten. Dieses Mal liess er die Badezimmertüre aber offen, für den Fall das ich das Obergeschoss alleine etwas erkunden möchte. Ich war aber zu gestresst von der ganzen Aktion und blieb vorerst lieber im Badezimmer. Immer wieder kamen die beiden mal nach oben, um zu schauen wie es mir geht und redeten mit mir.
Um halb zehn kamen die beiden ins Badezimmer und putzten sich die Zähne. Aha, jetzt geht’s wohl ins Bett. Da wollte ich dabei sein und ging mit ihnen aus dem Badezimmer und stand plötzlich inmitten einer grossen Gallerie. Der Holzboden war so schön warm, weshalb ich mich hinsetzte, um etwas Fellpflege zu betreiben. Mike und Sandra gingen weiter ins Schlafzimmer und ich hinterher. Ich wollte eigentlich auch mit ihnen auf‘s Bett, habe mich dann aber doch nicht getraut, obwohl sie es mir angeboten haben. Als das Licht ausging, habe ich im Schutz der Dunkelheit das Haus auf eigene Faust inspiziert. Ich tappte immer wieder mal ins Schlafzimmer um zu schauen, ob die beiden auch brav schlafen.
Um 05:20 – ich war gerade unten im Wohnzimmer – hörte ich aus dem Schlafzimmer im Obergeschoss einen Wecker klingeln. Jemand stand auf und ging ins Badezimmer. Es war Mike, und wieder hatte der Typ gemerkt, dass ich in der Nacht auf dem Katzenklo war, obwohl ich mir ganz viel Mühe gegeben hatte, den Kackhaufen schön zu verdecken.
Er kam nach unten, machte Licht in der Küche und entdeckte mich im Wohnzimmer neben dem Sofa. Er wünschte mir einen guten Morgen. Ich schaute ihn aber nur sehr skeptisch an. Mike ging in die Küche zurück und machte mir Frühstück. Ich blieb aber sicherheitshalber im Wohnzimmer, weil ich ehrlich gesagt einfach noch sehr verunsichert war. Er kam mit dem Fressnapf ins Wohnzimmer und hielt ihn mir vor die Nase. Da konnte ich mir ein kleines Fauchen nicht verkneifen, aber als ich das leckere Essen roch, war wieder alles gut. Er stellte den Napf in die Küche, sagte „tschüss Miro, ich wünsche dir einen schönen Tag mit Sandra“ und ging aus dem Haus.
Ich bin gespannt, was der Tag so bringen wird.
Liebe Grüsse aus meienem neuen Daheim
Miro
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